ADHS galt lange Zeit als eine Kinderkrankheit, die sich bis zum Eintritt in das Erwachsenenalter zurückbilden würde. Diese Einschätzung hat sich als falsch herausgestellt.
Ein beträchtlicher Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen leidet auch noch im Erwachsenenalter unter den typischen ADHS-Symptomen und den damit verbundenen Problemen. Die Betroffenen benötigen häufig weiter gezielte Hilfen.
ADHS kennzeichnet sich bei Kindern und Jugendlichen durch die drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
Die verminderte Aufmerksamkeit lässt sich bei nahezu allen Erwachsenen mit ADHS finden. Die besonders im Kindesalter oft stark ausgeprägte Hyperaktivität bzw. motorische Unruhe vermindert sich meist im Jugend- und Erwachsenenalter. Viele von ADHS betroffene Erwachsene fühlen sich aber innerlich ruhelos und getrieben. Auch die Impulsivität kann sich bis zum Erwachsenenalter reduzieren, es fällt aber auch Erwachsenen häufig schwer, spontane Einfälle genauer zu bedenken oder Dinge abzuwarten.
Im Berufs- und im Privatleben erreichen Erwachsene aufgrund dieser Symptome oft nicht die Ziele, die sie sich ursprünglich gesteckt hatten, was bei vielen einen starken Leidensdruck erzeugt. Sie vergessen Termine, halten Absprachen nicht ein, verzetteln sich ständig und es gelingt den Betroffenen häufig nicht planvoll bei einer Sache vorzugehen.
Häufig zeigen sich Aufmerksamkeitsprobleme in Lern-, Ausbildungs- und Arbeitssituationen. Die Betroffenen können beispielsweise nur kurze Zeit einem Referenten zuhören und haben große Probleme, in Großraumbüros ihrer Tätigkeit konzentriert nachzugehen.
Aufmerksamkeitsstörungen äußern sich bei Erwachsenen durch:
Die im Kindesalter zwar nicht immer, aber sehr häufig auftretende starke motorische Unruhe wandelt sich bei erwachsenen Betroffenen in eine eher innere Unruhe. Manchmal zeigen sich auch feinmotorische Unruhzeichen, wie ständige Wippen mit den Füßen, trommeln mit den Fingern. Manchmal zeigen die Betroffenen auch keine Unruhe, sondern können regelrecht „bewegungsfaul“ oder verlangsamt sein (Hypoaktivität). Einige Forscher haben Hinweise darauf gefunden, dass Hypoaktivität häufiger bei betroffenen Frauen als Männern auftritt. Jedoch gibt es bisher nur wenige Studien, die das belegen können.
Eine gestörte motorische Aktivität äußert sich bei Erwachsenen häufig durch:
Starke Impulsivität, also handeln oder sprechen ohne die Folgen zu bedenken, führt bei betroffenen Kindern häufig dazu, dass sie Klassenverbänden oder anderen Gruppensituationen massiv auffallen.
Bei Erwachsenen äußert sich die Impulsivität häufig durch ungebremste und schnell gesprochene Redeflüsse oder durch handeln ohne ausreichende Risikoabwägung.
Eine Störung der Impulsivität kann sich bei betroffenen Erwachsenen folgendermaßen äußern:
Neben den Kernsymptomen Unaufmerksamkeit, Hyper- oder Hypoaktivität und Impulsivität weisen die Betroffenen häufig noch folgende Probleme auf:
Erwachsene mit ADHS leiden häufig an einer ausgeprägten Unorganisiertheit (Desorganisation). Wo es im Kindes- und Jugendalter das chaotische Kinderzimmer war, ist es bei Erwachsenen häufig der völlig chaotische Schreibtisch. Es gelingt den Betroffenen nicht, sich und ihre Umwelt zu strukturieren. Durch die ständige Bereitschaft impulsiv auf äußere Reize zu reagieren, ohne diese zu filtern, sind die Betroffenen immer wieder abgelenkt und es gelingt ihnen nicht, sich selbst zu kontrollieren und somit als Folge dessen auch nicht sich selbst zu strukturieren.
Desorganisation, also unorganisiertes Handeln äußert sich bei Erwachsenen durch:
Emotionale Labilität zeigt sich bei vielen Betroffenen. Im Kindesalter weisen Betroffene häufig traurige Verstimmungen auf, die vor allem durch die ständigen negativen Feedbacks des Umfeldes ausgelöst werden. Das daraus resultierende negative Selbstbild hat ein schlechtes Selbstwertgefühl zur Folge. Im Erwachsenenalter leiden die Betroffenen häufig unter starken Stimmungsschwankungen, die erheblichen Einfluss auf ihre Arbeit und ihre Beziehungen zu anderen Menschen und zu ihren Partnern haben können. Die vielfach zu beobachtenden depressiven Verstimmungen bei Erwachsenen mit ADHS werden als „komorbide Störung“ bezeichnet. Das bedeutet, dass die depressive Verstimmung als zusätzliche Störung neben der ADHS bei einigen Betroffenen vorliegt.
Emotionale Labilität zeigt sich bei Betroffenen durch:
Viele von ADHS betroffenen Erwachsenen zeigen eine geringe Stresstoleranz. Geraten sie unter Druck, können sie mit diesem nicht umgehen und schaffen es nicht,sich in der Situation zu strukturieren und kontrollieren.
Eine geringe Stresstoleranz kann sich bei Erwachsenen mit ADHS folgendermaßen äußern:
Von ADHS betroffene Erwachsene haben häufiger Probleme im Sozialverhalten, welches sich meist schon im Kindesalter in Form von aggressivem und oppositionellem Verhalten äußerte. Da sie sich nur schwer an geltende gesellschaftliche Regeln halten können und aufgrund der ADHS häufig impulsiv sind, geraten die Betroffenen häufiger mit dem Gesetz in Konflikt.
Ein gestörtes Sozialverhalten äußert sich bei den Betroffenen durch:
Von ADHS betroffene Erwachsene haben oft seit ihrer Kindheit an immer wieder die Erfahrung gemacht, von Autoritätspersonen, wie Lehrern und Eltern ermahnt oder von Gleichaltrigen ausgegrenzt zu werden. Sie erleben sich daher häufig als anders und nicht dazugehörig. Die Betroffenen nehmen sich oft als weniger leistungsfähig wahr und entwickeln ein negatives Selbstbild.
Die Selbstwertproblematik zeigt sich bei Erwachsenen durch:
Bei Frauen und Männern mit ADHS werden ebenso wie bei Kindern geschlechtsspezifische Unterschiede diskutiert. Immer wieder findet man in Studien den Hinweis, dass betroffene Frauen eher zu einer deutlichen motorischen Verlangsamung und Bewegungsarmut (Hypoaktivität), als betroffene Männer tendieren sollen. Um diesen Verdacht zu bestätigen und Geschlechtsunterschiede besser benennen zu können, ist hier noch weitere Forschung notwendig.
Bei betroffenen Frauen sollen folgende Zeichen häufiger sein:
Betroffene Männer sollen häufiger unter folgenden Problemen leiden:
Hier geht es zum kurzen Dokumentarfilm "Shine a light on ADHD", in der Betroffene und Wissenschaftler offen über falsche Vorstellungen und Vorurteile gegenüber ADHS sprechen, um zur Entstigmatisierung der Erkrankung beizutragen.