ADHS: was ist das?

ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung und bezeichnet eine Verhaltensstörung von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen, die durch Auffälligkeiten in folgenden drei Kernbereichen gekennzeichnet ist:

  • starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen,
  • starke Impulsivität und
  • ausgeprägte körperliche Unruhe (Hyperaktivität).

Wir möchten nicht unerwähnt lassen, dass viele Betroffene aufgrund ihrer ADHS auch besondere Ressourcen haben. So kann sich beispielsweise Impulsivität in Spontaneität, Flexibilität und auch in Kreativität ausdrücken. Eine ausschließlich defizitorientierte Sichtweise von Betroffenen wird diesen nicht gerecht.

Auf den folgenden Seiten erfahren Sie alles zum Störungsbild der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS).

Wir informieren Sie über andere Bezeichnungen, die häufig verwendet werden. Sie erfahren alles über die Kernsymptome der ADHS, über die verschiedenen Typen und über häufig auftretende zusätzliche Probleme bei Betroffenen. Außerdem geben wir Ihnen Informationen zur Häufigkeit von ADHS, ihren Ursachen und dem Verlauf vom frühen Kindesalter bis ins Erwachsenenalter.

Die meisten Fachleute benutzen heutzutage den Begriff ADHS zur Bezeichnung der Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung. Mitunter werden aber auch andere Begriffe und Abkürzungen zur Bezeichnung dieser psychischen Störung benutzt:

  • Hyperkinetische Störung (HKS) ist in Deutschland und Europa als Begriff noch weit verbreitet und wird auch noch in der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) verwendet, welche die Grundlage für eine Diagnose darstellt.
  • Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) wird manchmal als Begriff verwendet, um eine Unterform der ADHS zu bezeichnen, die vor allem durch eine ausgeprägte Unaufmerksamkeit und weniger durch Hyperaktivität oder Impulsivität gekennzeichnet ist.
  • Minimale Cerebarale Dysfunktion (MCD) oder Psychoorganisches Syndrom (POS) sind ältere Bezeichnungen, die früher verwendet wurden. Diese Bezeichnungen sollten verdeutlichen, dass die Ursachen für die Problematik hauptsächlich in organischen Veränderungen des Gehirns zu suchen sind, die vor allem durch Komplikationen während der Schwangerschaft, der Geburt oder der frühkindlichen Entwicklung entstanden sind. Die Sichtweise, dass solche Faktoren die Hauptursache für ADHS sind, wird heute nicht mehr aufrechterhalten.
  • Es gibt noch andere Begriffe, wie sensorische Integrationsstörung, Wahrnehmungsstörung, zentrale auditive Verarbeitungsstörung, die ebenfalls manchmal synonym verwendet werden. Auch diese legen bestimmte Ursachen für die Symptome von ADHS zugrunde, die allerdings wissenschaftlich nicht als Hauptursachen von ADHS belegt werden konnten.

Kinder und Jugendliche mit ADHS zeigen Auffälligkeiten in den Bereichen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Auch andere Kinder sind manchmal unkonzentriert und jüngere Kinder sind meist lebhafter als ältere Kinder. Die Probleme, die Kinder mit ADHS in diesen Bereichen haben, sind aber deutlich stärker ausgeprägt als bei Gleichaltrigen und beeinträchtigen die Kinder zum Beispiel in ihrer schulischen Leistungsfähigkeit oder auch in Beziehungen zu Eltern, Lehrern und Freunden. Die Variationsbreite im Schweregrad der Probleme ist dabei groß und der Übergang von normalem zu auffälligem Verhalten ist fließend. Dies ist ähnlich wie bei anderen psychischen Störungen oder auch körperlichen Erkrankungen, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sein können. Dennoch können Fachleute zuverlässig feststellen, ob bei Ihrem Kind eine ADHS vorliegt oder nicht.

Zur Diagnose von Aufmerksamkeitsstörungen sind international bestimmte Kriterien vorgegeben, die in dem Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (International Classification of Diseases, ICD-10) und dem Klassifikationssystem DSM 5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) festgelegt sind, das vom Fachverband für Psychiatrie in den USA (American Psychiatric Association) entwickelt wurde. Näheres dazu finden Sie im Bereich "Wie wird ADHS festgestellt".

Wie bei allen psychischen Störungen wird der Begriff Krankheit heutzutage bei der ADHS vermieden, um damit den Unterschied zu körperlichen Erkrankungen deutlich zu machen. Man verwendet auch international daher lieber den neutraleren Begriff der psychischen Störung.

Unaufmerksamkeit

Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen, die Aufmerksamkeitsprobleme haben, fällt es sehr schwer, begonnene Tätigkeiten zu Ende zu bringen. Sie können sich nur für kurze Zeit auf eine Sache konzentrierten und lassen sich leicht von einer begonnenen Tätigkeit ablenken. Dadurch unterlaufen ihnen ständig Flüchtigkeitsfehler.

Meist sind diese Auffälligkeiten stärker bei Tätigkeiten zu beobachten, die von anderen Personen vorgegeben werden (z.B. Hausaufgaben, Aufgaben in der Schule/am Arbeitsplatz). Bei manchen Kindern tritt diese Probleme auch bei Beschäftigungen auf, die von ihnen selbst gewählt wurden, sodass sie zum Beispiel ein selbst gewähltes Spiel schnell wieder unterbrechen und nicht zu Ende spielen.

Hyperaktivität

Vor allem im Kindergarten- und im Grundschulalter fallen von Hyperaktivität (starker körperlicher Unruhe) betroffene Kinder und Jugendliche durch ihre Ruhelosigkeit und ihr ständiges Zappeln auf. Diese Unruhe äußert sich z.B. durch ständiges Aufstehen während des Unterrichts oder Mittagessens. Den Kindern fällt es häufig besonders schwer ruhig zu spielen. Sie sind ständig aktiv und laufen oder klettern permanent. Wenn sie aufgefordert werden, ruhig zu sein oder sitzen zu bleiben, können sie sich meist nur für sehr kurze Zeit daran halten.

Im Jugendalter ist die körperliche Unruhe meist geringer ausgeprägt, jedoch können weiterhin eine starke innere Unruhe und Anspannung vorhanden sein.

Impulsivität

Die Kinder und Jugendlichen mit einer ausgeprägten Impulsschwäche neigen dazu, unüberlegt und vorschnell zu handeln. Sie folgen ihren ersten Einfällen und Impulsen, ohne über die Konsequenzen ihres Handelns nachzudenken.

Die Impulsivität äußert sich z.B. in folgenden Situationen: Die Kinder beginnen Hausaufgaben, ohne sich die Aufgabenstellung genau durchzulesen, sie platzen mit Antworten heraus, bevor Fragen zu Ende gestellt sind, sie unterbrechen andere häufig und sie können es kaum abwarten, bis sie an der Reihe sind.

Unterformen

Die Merkmale Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität müssen nicht alle gleichermaßen vorhanden sein. Bei Kindern mit hohem Schweregrad sind meist alle drei Kernbereiche auffällig und sie treten in allen Lebensbereichen (in der Familie, der Schule und im Freizeitbereich) auf. Bei geringerem Schweregrad sind nicht alle drei Bereiche gleichermaßen auffällig und die Probleme treten auch nicht unbedingt in allen Lebensbereichen in gleicher Stärke auf. Es kann auch vorkommen, dass sich ADHS im Laufe der Entwicklung eines Kindes in unterschiedlichen Formen zeigt:

Im Kindergartenalter dominieren häufig die Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität, während in der weiteren Entwicklung, vor allem im Jugendalter, die Unaufmerksamkeit im Vordergrund steht und sich die Hyperaktivität zurückbildet.

Im amerikanischen Klassifikationssystem (DSM 5) werden folgende drei Erscheinungsformen von ADHS voneinander abgegrenzt:

  • gemischte Erscheinungsform
  • vorwiegend unaufmerksame Erscheinungsform
  • vorwiegend hyperaktiv-impulsive Erscheinungsform

Wenn im Jugend- und Erwachsenenalter die Symptomatik zurückgeht, so dass die Auffälligkeiten für die Diagnose nicht mehr ausreichend stark vorhanden sind, ist es nach DSM 5 möglich für Jugendliche und Erwachsene möglich, den Zusatz „in partieller Remission“ zu ergänzen.

Gemischte Erscheinungsform – Kombinierter Typ

Kinder und Jugendliche mit dieser Form von ADHS zeigen Auffälligkeiten in allen drei Bereichen, das heißt sowohl eine ausgeprägte Hyperaktivität, als auch starke Impulsivität und deutliche Unaufmerksamkeit. In der ICD-10 (Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation) wird diese Form als hyperkinetische Störung (HKS) bezeichnet.

Vorwiegend unaufmerksame Erscheinungsform

Bei der vorwiegend unaufmerksamen Erscheinungsform der ADHS steht eine ausgeprägte Unaufmerksamkeit im Vordergrund, während Impulsivität und motorische Unruhe (Hyperaktivität) weniger stark ausgeprägt oder gar nicht vorhanden sind. In manchen Fällen zeigen die Kinder und Jugendlichen sogar eher eine deutlich verminderte körperliche Aktivität (Hypoaktivität).

Vorwiegend hyperaktiv-impulsive Erscheinungsform

Bei der vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Form der ADHS stehen ausgeprägte Impulsivität (mangelnde Impulskontrolle) und motorische Unruhe (Hyperaktivität) im Vordergrund der Problematik. Die Unaufmerksamkeit ist bei diesen Kindern und Jugendlichen weniger stark ausgeprägt oder gar nicht vorhanden.

Residualtyp

Beim Residualtyp der ADHS sind nicht mehr alle Symptome voll ausgeprägt, die früher - zum Beispiel in der Kindheit - vorhanden waren. Häufig vermindern sich im Jugendalter die Hyperaktivität und teilweise auch die Impulsivität, während zumindest Aufmerksamkeitsstörungen (Unaufmerksamkeit) bestehen bleiben.

Die Kernsymptome von ADHS - Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität - treten selten alleine auf. Häufig haben betroffene Kinder und Jugendliche mit ADHS noch weitere Probleme, die sich im Verlauf des Alters verändern können.

Am häufigsten zeigen Kinder und Jugendliche mit ADHS zusätzlich oppositionelle und aggressive Verhaltensweisen.

Obwohl die meisten Kinder und Jugendlichen mit ADHS sich in ihrer grundlegenden Begabung nicht von anderen Kindern und Jugendlichen unterscheiden, haben viele Betroffene mit Schulleistungsproblemen zu kämpfen. Sie zeigen Probleme beim Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen und wiederholen deshalb häufiger eine Klasse.

Viele Kinder und Jugendliche mit ADHS entwickeln mit der Zeit emotionale Probleme, wie Ängste und Unsicherheiten, z.B. trauen sie sich weniger zu als andere Kinder. Das gilt vor allem für Situationen, in denen es um schulische Leistungen geht.

Eine Vielzahl der Kinder und Jugendlichen mit ADHS werden häufig von Gleichaltrigen abgelehnt. Entweder geschieht dies, weil sie aufgrund ihrer ADHS-Symptome ständig beim Spiel stören oder weil sie wegen ihrer aggressiven Verhaltensweisen als Raufbolde empfunden werden.

Aufgrund der häufig sozial nicht angemessenen Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen mit ADHS, haben Eltern vermehrt Auseinandersetzungen mit ihrem Kind und die Beziehungen zwischen Eltern und Kind sind häufig sehr belastet.

Manche Kinder entwickeln sogenannte Tics, die sich meistens durch Zuckungen im Bereich des Gesichtes oder des ganzen Oberkörpers äußern.

Oppositionelles und aggressives Verhalten

Am häufigsten zeigen Kinder und Jugendliche mit ADHS zusätzlich oppositionelle und aggressive Verhaltensweisen. Diese äußern sich unter anderem dadurch, dass die Kinder wichtige Regeln in der Familie, im Kindergarten und in der Schule nicht befolgen. Zusätzlich reagieren sie nicht auf Anweisungen von Erwachsenen, bekommen häufig Wutausbrüche und haben viel Streit mit Geschwistern und anderen Kindern.

Im Jugendalter kann es vorkommen, dass die Betroffenen wichtige soziale Regeln nicht beachten. Dies kann zu unterschiedlichen Verhaltensweisen führen: Manche lügen, um sich Vorteile zu verschaffen, einige stehlen innerhalb oder außerhalb der Familie oder sie schwänzen die Schule und bleiben nachts länger weg als erlaubt. Durch Diebstahl oder Zerstörung fremden Eigentums kommen Betroffene häufig irgendwann mit dem Gesetz in Konflikt.

Schulleistungsprobleme

Viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen zeigen Entwicklungsrückstände und Leistungsprobleme in der Schule. Manche Kinder zeigen eine generelle Verminderung ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit. Bei den meisten Kindern sind diese Rückstände jedoch umschrieben, das heißt, diese Probleme lassen sich nicht auf eine allgemeine Intelligenzminderung zurückführen.

Die Kinder und Jugendlichen zeigen schlechtere Leistungen beim Lesen, Rechtschreiben oder im Rechnen und sie wiederholen häufiger eine Klasse. Gehäuft treten auch Ungeschicklichkeiten und Koordinationsschwierigkeiten auf, die ein schlechtes Schriftbild verursachen.

Schon im Kindergarten- und Vorschulalter sind bei vielen Kindern Entwicklungsrückstände zu beobachten, vor allem in der Sprache, beim Zeichnen und in der Koordination von Bewegungen.

Emotionale Probleme

Emotionale Probleme fallen häufig zunächst weniger auf, weil andere Probleme, wie hyperaktives und impulsives oder auch oppositionelles und aggressives Verhalten, zu sehr ins Auge springen.

Solche Probleme können sich in Unsicherheit und mangelndem Selbstvertrauen äußern. Viele Kinder und Jugendliche mit ADHS entwickeln mit der Zeit Ängste und Unsicherheiten. Sie trauen sich weniger zu als andere Kinder. Das gilt vor allem in jenen Situationen, in denen es um schulische Leistungen geht.

Aber auch in anderen Situationen leiden die Kinder und Jugendlichen oft unter einem Mangel an Selbstvertrauen. Da sie häufig Ablehnung von Anderen erfahren - von Gleichaltrigen, von Eltern, von Erziehern und Lehrern - sind viele, wenn auch nicht alle Kinder, in sozialen Situationen unsicher und zeigen wenig Selbstvertrauen.

Bei manchen Kindern und Jugendlichen kann sich das bis zu depressiven Symptomen, also starker Traurigkeit, Apathie oder Lustlosigkeit auswachsen.

Ablehnung durch Gleichaltrige

Kinder und Jugendliche mit ADHS werden häufig von Gleichaltrigen ausgegrenzt.

Dies geschieht entweder, weil sie aufgrund ihrer ADHS-Symptome ständig beim gemeinsamen Spiel stören oder weil sie wegen ihrer impulsiven oder aggressiven Verhaltensweisen als Störenfriede oder Raufbolde empfunden werden.

Viele Kinder mit diesen Verhaltensproblemen versuchen als Folge dieser Ablehnung, Andere zu dominieren und zu kontrollieren, um Beziehungen zu Gleichaltrigen aufrecht zu erhalten. Jedoch erzeugt dieses Verhalten auf Seiten Gleichaltriger ebenfalls Ablehnung.

Belastete Beziehungen zu Eltern und Erwachsenen

Aufgrund der Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen mit ADHS, haben Eltern vermehrt Auseinandersetzungen mit ihrem Kind und die Beziehung zwischen Eltern und Kind oder Jugendlichem sind häufig sehr belastet.

Eltern sind häufig regelrecht verzweifelt darüber, dass sie ihr Kind kaum oder gar nicht mit Erziehungsmaßnahmen (Wiederholtes Reden und Erklären) erreichen. Darüber hinaus vermittelt Ihnen das soziale Umfeld häufig das Gefühl, dass Sie mit Ihrem Kind nicht erwünscht sind.

Eltern haben häufig das Gefühl, in der Erziehung ihres Kindes versagt zu haben. Auf der anderen Seite fühlt sich das Kind häufig von seinen Eltern abgelehnt und hat den Eindruck, seinen Eltern nichts recht machen zu können.

Auch die Beziehungen zwischen dem Kind und dem/der Erzieher/in im Kindergarten oder mit dem/der Lehrer/in in der Schule sind häufig ähnlich angespannt.

Tics

Motorische Tics sind plötzlich auftretende, unwillkürliche Zuckungen, z.B. Augenblinzeln, Nase rümpfen oder ruckartiges Kopfbewegen. Vokale Tics sind unwillkürlich auftretende Lautäußerungen, z.B. Räuspern, oder auch Worte und Sätze, die plötzlich ausgesprochen werden. Solche Tics treten bei Kindern mit ADHS gehäuft auf, meist beginnen sie schon im Kindesalter und können sich bis ins Jugendalter - und ins Erwachsenenalter fortsetzen.

ADHS ist eine häufig auftretende psychische Störung. Die genauen Häufigkeitszahlen schwanken in Abhängigkeit davon, welche Kriterien (nach ICD-10 oder DSM 5) für die Diagnose benutzt werden, wie die Diagnose erhoben wird und welche Bevölkerungsgruppe untersucht wird.

Weltweit wird von einer durchschnittlichen Häufigkeitsrate bei Kindern und Jugendlichen von rund 5% ausgegangen, wobei die weniger strengen Diagnosekriterien nach dem amerikanischen Klassifikationssystem DSM 5 zugrundegelegt werden. Werden die sehr strengen Kriterien nach ICD-10 herangezogen, dann liegt die Rate bei 1 bis 3%.

Eine Studie über die Häufigkeit von ADHS in Deutschland zeigt, dass auch bei uns ähnliche Häufigkeiten gefunden werden.

In allen Untersuchungen zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede in der Häufigkeit von ADHS. Bei Jungen tritt das Problem deutlich häufiger auf als bei Mädchen.

ADHS bei Jungen und Mädchen

ADHS tritt bei Jungen wesentlich häufiger auf als bei Mädchen - nach den meisten Studien zwei bis viermal häufiger.

Die Ursachen dafür sind noch unbekannt. Es wird jedoch vermutet, dass erbliche Faktoren hierfür hauptsächlich verantwortlich sind. Möglicherweise spielen auch heute noch Unterschiede in der Erziehung von Jungen und Mädchen eine - allerdings untergeordnete - Rolle.

Jungen werden jedoch deutlich häufiger als Mädchen zur Diagnose und Therapie vorgestellt. Dies liegt vermutlich daran, dass Jungen häufiger die "lärmenderen"Symptome aufweisen. Sie also Hyperaktivität und Impulsivität häufiger zeigen als Mädchen.

Und auch bei den zusätzlichen Problemen zeigen Jungen häufiger die störenderen Symptome wie aggressives und oppositionelles Verhalten. Mädchen zeigen demgegenüber etwas häufiger Unaufmerksamkeit und emotionale Probleme wie Verträumtheit, Unsicherheit oder Traurigkeit, wenn auch dies nicht alle Studien belegen können.

ADHS in Deutschland

Für Deutschland liegt eine neuere repräsentative Erhebung auf der Grundlage der Einschätzung von Eltern vor. Danach beschreiben rund 6 % der Eltern von Kindern im Alter von 7 bis 10 Jahren bei ihren Kindern so viele Symptome, dass die Diagnose einer ADHS (nach DSM-IV) in Frage kommen könnte. Bei den 10- bis 13-jährigen liegt die Rate bei etwa 4,5% und bei den 14- bis 17-Jährigen knapp unter 4%.  Legt man die deutlich strengeren Kriterien von ICD-10 zugrunde, dann liegen die Raten deutlich darunter.

Wenn noch weitere Kriterien berücksichtigt werden, die für die Diagnose dieser Störung notwendig sind, z.B. dass die Probleme in mehreren Lebensbereichen auftreten müssen und dass sie vor dem Alter von 6 Jahren bereits vorhanden sein müssen, dann reduzieren sich diese Häufigkeitszahlen noch einmal beträchtlich von 5% über alle Altersgruppen auf 2,2%, wenn man die Kriterien von DSM-IV zugrunde legt.

Insgesamt kann man jedoch davon ausgehen, dass rund 500.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland von ADHS betroffen sind. Jungen sind dabei gegenüber Mädchen insgesamt 2- bis 4-mal häufiger betroffen.

Bis heute gibt es keine eindeutige und allumfassende Erklärung für die Entstehung von ADHS.

Allerdings sind sich die meisten Wissenschaftler einig darüber, dass die Hauptursachen dieser Problematik in Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns zu suchen sind. Dabei sind diese Veränderungen so komplex, dass sie beim einzelnen Kind selbst mit modernen Untersuchungsmethoden meist nicht nachweisbar sind. Das folgende Video zeigt die Veränderung der Funktionsweisen des Gehirns bei von ADHS Betroffenen.

In wissenschaftlichen Untersuchungen der Neurotransmitter im Gehirn (das sind die Botenstoffe, die zwischen den einzelnen Hirnzellen eine Verbindung herstellen) konnten teilweise typische Veränderungen bei Kindern mit ADHS nachgewiesen werden. Die Ursachen für diese Funktionsstörungen des Gehirns sind ebenfalls noch nicht eindeutig erforscht.

Man geht heute davon aus, dass viele einzelne genetische Veränderungen zusammenwirken und dass diese genetischen Faktoren auch noch mit anderen Einflussfaktoren, z.B. mit Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder auch Umwelteinflüssen zusammenwirken und so für die Entwicklung von ADHS verantwortlich sind.

Komplikationen und Belastungen während der Schwangerschaft, der Geburt oder in der Neugeborenenperiode (z.B. Frühgeburt, starker Nikotin- oder Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft), die eine Beeinträchtigung der Hirnfunktionen nach sich ziehen können, können das Risiko für die Entwicklung einer ADHS erhöhen.

Allerdings beeinflussen Umwelteinflüsse, also die Bedingungen, unter denen ein Kind in seiner Familie, im Kindergarten und in der Schule aufwächst, die Ausprägung und den Verlauf dieser Auffälligkeiten erheblich.

Genetische Faktoren

Neue Studien weisen darauf hin, dass erbliche Faktoren bei der Entwicklung von ADHS eine zentrale Rolle spielen. Es ist davon auszugehen, dass erbliche Faktoren sogar die wichtigste Rolle für die Erklärung der Ursachen von ADHS darstellen.

Allerdings fällt es noch schwer, durch sogenannte molekulargenetische  Untersuchungen die genauen genetischen Ursachen aufzuspüren. Obwohl in den letzten Jahren die Erkenntnisse über die genetischen Ursachen vergrößert werden konnten, ist der größte Teil der genetisch bedingten Ursachen noch ungeklärt. Mehrfach bestätigt wurden genetische Veränderungen bei den sogenannten Neurotransmittern. Das sind Botenstoffe, die für die Weiterleitung eines Reizes zwischen den Nervenzellen verantwortlich sein. Einer dieser Botenstoffe ist das Dopamin. Bei diesem System konnten genetisch bedingte Veränderungen festgestellt werden.

Man geht heute davon aus, dass viele einzelne genetische Veränderungen zusammenwirken und dass diese genetischen Faktoren auch noch mit anderen Einflussfaktoren, z.B. mit Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder auch mit Umwelteinflüssen zusammen für die Entwicklung von ADHS verantwortlich sind.

Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen

Komplikationen und Belastungen während der Schwangerschaft, der Geburt oder in der Neugeborenenperiode (z.B. Frühgeburt, starker Nikotin- oder Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft), die eine Beeinträchtigung der Hirnfunktionen nach sich ziehen können, können das Risiko für die Entwicklung einer ADHS erhöhen.

Bei der Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen mit ADHS lassen sich aber keine Hinweise auf solche Komplikationen finden und nicht immer führen solche Komplikationen tatsächlich auch zu ADHS.

Hier gibt es ebenfalls vermutlich ein Zusammenspiel mit genetischen Faktoren: Kinder mit einer bestimmten genetischen Ausstattung haben ein höheres Risiko beispielsweise bei Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft später ADHS zu entwickeln, während bei Kindern mit einer anderen genetischen Ausstattung dieses Risiko nicht erhöht ist.

Umwelteinflüsse

Die Entwicklung von ADHS kann auch durch die familiäre und schulische Umwelt beeinflusst werden.

Die familiären Bedingungen, aber auch die Bedingungen im Kindergarten und in der Schule, unter denen ein Kind mit einer ADHS lebt, sind zwar nicht die ausschließliche Ursache der Störung, aber sie können in einem erheblichen Maße die Stärke der Probleme und ihren weiteren Verlauf mitbestimmen. Wenn Eltern selbst psychische Probleme haben (z.B. ADHS-Probleme) oder in der Familie viel gestritten wird oder wenn finanzielle Belastungen sehr stark sind, dann können dadurch die ADHS-Symptome des Kindes verstärkt werden. Auch hierbei muss von einem Wechselspiel zwischen den Faktoren der familiären und schulischen Umwelt mit der genetischen Ausstattung des Kindes und mit möglichen Belastungen während Schwangerschaft oder Geburt ausgegangen werden.

Aufgrund ihrer Unruhe und ihres impulsiven Verhaltens stoßen Kinder mit ADHS häufiger an Grenzen als andere Kinder und übertreten diese auch häufiger. Darüber hinaus reagieren Kinder mit ADHS auf die normalen Erziehungsmaßnahmen oft nicht so, wie andere Kinder. Die Eltern, die Erzieher und die Lehrer geraten deshalb häufig in schwierige Erziehungssituationen. So entsteht ein Teufelskreis aus Ermahnungen und Grenzsetzungen. Positive Erfahrungen treten gegenüber diesen negativen Ereignissen sowohl in der Familie als auch im Kindergarten oder in der Schule immer mehr in den Hintergrund. Zwischen den Eltern und dem Kind oder Jugendlichen, aber auch zwischen Lehrern und Kind oder Jugendlichem kommt es so immer häufiger zu unangenehmen Erfahrungen und negative Interaktionen nehmen immer weiter zu.

Diese negativen Erfahrungen erhöhen das Risiko, dass das Kind immer stärker mit Unruhe, Impulsivität und Unaufmerksamkeit, aber auch vermehrt mit verweigerndem und aggressivem Verhalten reagiert und so die Symptome von ADHS und zusätzliche Probleme immer weiter zunehmen.

ADHS-Symptome äußern sich bereits vor dem Schulalter, meist sind sie spätestens im Alter von fünf bis sechs Jahren gut erkennbar.

Häufig fallen diese Kinder aber schon im Kleinkindalter auf und die ADHS-typischen Probleme verstärken sich im Verlauf des Kindergartenalters. Besonders schwierig gestaltet sich in der Regel das Grundschulalter.

Im Jugendalter können sich einzelne Kernprobleme von ADHS vermindern. In nicht wenigen Fällen zeigen sich jedoch auch beeinträchtigende Probleme noch im Erwachsenenalter.

Kleinkindalter

Im Säuglings- und Kleinkindalter zeigen manche Kinder, die später eine ADHS entwickeln, ein sehr hohes Aktivitätsniveau. Sie wirken ständig unruhig und finden nur sehr schwer Ruhe. Manche Kinder haben sogenannte Regulationsstörungen, d.h. Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und der Verdauung sowie Schlafprobleme. Sie wirken häufig gereizt und schreien sehr viel. Diese Auffälligkeiten können die Eltern erheblich belasten.

Die Entwicklung von ADHS wird dann begünstigt, wenn solche Regulationsstörungen des Kindes, mit ausgeprägten Überforderungen der Eltern einhergehen. Bei manchen Kindern, die später ADHS entwickeln, sind bereits im Säuglingsalter erste Entwicklungsverzögerungen zu bemerken, z.B. fangen sie später an zu laufen oder zu sprechen.

Kindergartenalter

Im Kindergartenalter ist meist die motorische Unruhe und extreme Umtriebigkeit besonders stark ausgeprägt.

Den Kindern fällt es schwer ruhig und ausdauernd zu spielen. Manchmal treten die Auffälligkeiten im Kindergarten stärker auf als in der Familie, weil dort wesentlich mehr Reize auf das Kind einströmen. Viele Kinder fallen außerdem durch extreme Wutausbrüche und das Nichtbeachten von Grenzen und Anweisungen auf.

Die Eltern sind häufig sehr stark durch das ungesteuerte Verhalten ihres Kindes belastet, das von den Eltern ein hohes Maß an Aufsicht und Geduld erfordert, die aber nicht immer aufzubringen sind. Aufgrund der hohen Impulsivität der Kinder ist das Unfallrisiko zu Hause, wie im Straßenverkehr deutlich erhöht.

Bei manchen Kindern können zusätzlich Entwicklungsverzögerungen auftreten. Sie können zum Beispiel motorisch ungeschickter sein oder können nicht so gut sprechen wie andere Gleichaltrige. Motorische Probleme können sich beispielsweise so äußern, dass die betroffenen Kinder nicht gerne Malen, insbesondere Ausmalen, oder mehr Schwierigkeiten im Umgang mit Stift und Schere haben, als gleichaltrige Kinder.

Grundschulalter

Mit der Einschulung tritt bei den betroffenen Kindern meist eine deutliche Zunahme der Schwierigkeiten ein. Die Zunahme typischer Symptome oder zusätzlicher Probleme beginnt häufig zu diesem Zeitpunkt, weil die Kinder plötzlich mit Anforderungen an Ruhe, Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit konfrontiert sind, die sie überfordern.

In der Familie wird die Bewältigung der Hausaufgaben häufig zum Kernproblem. Schlechte Leistungen in der Schule, vor allem Probleme beim Lesen- und Schreibenlernen, treten häufig, aber nicht immer auf. Aufgrund dieser Schwierigkeiten verlieren viele Kinder sehr schnell die Lust am Lernen. Aggressive Verhaltensweisen und Selbstwertprobleme können zunehmen. Die Schulschwierigkeiten können so stark sein, dass Klassenwiederholungen und Umschulungen notwendig werden.

Außerdem stoßen die betroffenen Kinder in dieser Zeit sehr häufig auf Ablehnung durch Gleichaltrige, was die Entwicklung eines niedrigen Selbstwertgefühls und den Ausbau aggressiver Verhaltensweisen verstärken kann.

Beim Übergang in die weiterführenden Schulen ändert sich die schulische Situation meist deutlich. Die schulischen Anforderungen steigen und im Schulalltag wechseln die Lehrer in fast jedem Fach. Daher ist es oft schwer eine stabile Lehrer-Schüler-Beziehung aufzubauen, die für diese Kinder ganz besonders wichtig ist. Aufgrund dieser Veränderungen kommt es in vielen Fällen zu einer Verschärfung der Symptome.

Jugendalter

Mit Beginn des Jugendalters vermindert sich vor allem die körperliche Unruhe, während Aufmerksamkeitsprobleme und impulsive Handlungen häufig bleiben.

Bei Kindern mit einem günstigen Verlauf der Problematik sind mitunter keine Unterschiede mehr zu Gleichaltrigen festzustellen auch wenn sie immer noch als sehr lebendig gelten. Jugendliche, die bereits als Kinder aggressiv auffällig waren, entwickeln gehäuft dissoziale Verhaltensprobleme. Diese treten hauptsächlich in Form von Schuleschwänzen, ausgeprägtem Lügen und Stehlen auf. Häufig neigen diese Jugendlichen dazu sich mit anderen Jugendlichen mit ähnlichen Problemen zusammenzuschließen. Alkohol- und Drogenmissbrauch tritt dann häufig auf.

Wenn im Jugendalter noch starke Impulsivität und Unaufmerksamkeit vohanden sind, dann ist das Risiko zu Verkehrsunfällen erhöht. Sexuelle Neugier und riskantes Verhalten haben häufiger Infektionserkrankungen und Frühschwangerschaften zur Folge.

Bei Kindern, die über viele Jahre hinweg die Schule als sehr negativ erlebt haben, tritt eine extreme Abneigung gegen alles auf, was mit schulischer Leistung zu tun hat ("null Bock") und auch das Selbstwertgefühl leidet darunter. Wer als Kind- und Jugendlicher viele Misserfolge in der Schule, in der Familie und bei Gleichaltrigen macht, hat ein erhöhtes Risiko zu depressiven Verstimmungen.

Erwachsenenalter

Die Verhaltensprobleme des Jugendalters können sich bei einigen Betroffenen bis ins Erwachsenenalter hinein fortsetzen, bei anderen vermindern sich die Probleme mit Eintritt in das Erwachsenenalter weiter.

Am ungünstigsten ist die weitere Entwicklung bei jenen, die im Jugendalter dissoziale Verhaltensauffälligkeiten entwickelten und die Schule mit schwachen schulischen Leistungen abgeschlossen haben.

Die motorische Unruhe steht bei Erwachsenen kaum noch im Vordergrund und wird durch ein Gefühl der inneren Unruhe abgelöst. Die Impulsivität kann bestehen bleiben und äußert sich beispielsweise darin, dass die Betroffenen kaum in einer Reihe warten können oder ihrem Gesprächspartner häufig ins Wort fallen. Am meisten leiden Erwachsene jedoch unter den Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen. Vor allem tun sie dies am Arbeitsplatz, aber auch in der Familie oder im Freizeitbereich. Es fällt ihnen oft schwer, Dinge zu organisieren, sie sind vergesslich und handeln mitunter ohne jeden Plan.

Die beschriebenen Verhaltensweisen komme Ihnen bekannt vor? Sie vermuten, dass Ihr Kind ADHS hat und würden es gerne einmal überprüfen lassen? Lesen Sie hier über die Möglichkeiten, um dies abklären zu lassen.